Konzept zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements in Bonn
Stand: 27. November 2013
I. Einleitung
Das Leben in der Bundesstadt Bonn wird – wie in allen anderen Kommunen auch – durch die Menschen, die hier wohnen, geprägt. Tagtäglich fallen verschiedenste Aufgaben an, Abläufe sind zu regeln, Herausforderungen beziehungsweise Probleme werden gesehen und müssen angegangen und gelöst werden. Dies kann auf vielfältige Weise und auf unterschiedlichen Ebenen geschehen; vieles ist gut organisiert, manches könnte besser funktionieren, anderes wurde bisher noch nicht als Thema aufgegriffen.
Bürgerinnen und Bürger einer Stadt haben nicht nur Rechte und Pflichten, sie haben darüber hinaus auch die Möglichkeit und die Freiheit, sich einzubringen und Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen: sie können eigenständig entscheiden, ob und inwieweit sie sich engagieren und beteiligen. Das ist nicht selbstverständlich und stellt ein besonderes Merkmal der Demokratie dar.
Bei vielen Prozessen ist eine Bürgerbeteiligung bereits gesetzlich verankert oder zumindest vorgesehen, andere Felder öffnen sich zunehmend in diese Richtung (Stichwort: Bürgerhaushalt). Es gibt bei der Aufgabenverteilung nicht mehr ausschließlich die Struktur „Staat“ oder „Bürgerinnen und Bürger“. Vielmehr gibt es drei Arten von Aufgaben: solche, die zwingend und ausschließlich vom „Staat“ übernommen werden müssen; die, die ein Miteinander von „Staat“ und „Bürgerinnen und Bürgern“ zulassen und solche, die von „Bürgerinnen und Bürgern“ (zunehmend) selbständig übernommen werden.
Der demographische Wandel, die sich ändernden Strukturen des Zusammenlebens, der Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Fachkräftemangel, die Einbeziehung von Menschen mit allen ihren unterschiedlichen Eigenschaften, Lebensweisen, Herkünften: zahlreiche Themen bieten sich für das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern an. Das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern ist nicht Kompensation für fehlendes oder unzureichendes staatliches Handeln; es ist vielmehr das Ergreifen der Chance, einen eigenen Beitrag zu leisten und zwar aus einem eigenen Interesse heraus.
Auch wenn die finanzielle Lage der Kommunen immer schwieriger wird, kann erbrachtes Engagement nicht als eingesparte Ausgabe angesehen werden. Es ist vielmehr so, dass das Engagement, welches Freiwillige erbringen, ein „Darüberhinaus“ darstellt. Das, was eine Stadt und ein Miteinander lebenswert macht, ist mit Geld ohnehin nicht aufzuwiegen: Solidarität, Fürsorge, Impulse, Aktivität, Spontaneität, der Blick und die helfende Hand für die Anderen. Ohne diese Werte wäre unser Alltag deutlich ärmer und gefühlskälter.
Die Stadt Bonn als trägerübergreifende und neutrale Organisation sieht es daher als ihre Aufgabe an, gute Rahmenbedingungen für Bürgerschaftliches Engagement zu schaffen. Der Zugewinn ist nicht immer in finanziellen Einheiten messbar und doch ist er an vielen Orten dieser Stadt und darüber hinaus deutlich spürbar.
II. Begriffsdefinition
„Freiwilliges Engagement“, „Ehrenamt“ und „Bürgerschaftliches Engagement“
Ein Ehrenamt im ursprünglichen Sinn ist ein ehrenvolles und freiwilliges öffentliches Amt, das nicht auf Entgelt ausgerichtet ist. Es erfüllt zumeist die folgenden Voraussetzungen:
- man wird ernannt, gewählt oder berufen,
- es ist nach der Ernennung, Wahl beziehungsweise Berufung verpflichtend,
- ein Regelwerk ist vorhanden (zum Beispiel Gesetze, Verordnungen),
- es findet immer in organisierter Form statt,
- es gibt oftmals eine pauschale Aufwandsentschädigung,
- es ist im weitesten Sinne eine Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit.
Beispiele: Wahlhelferin/Wahlhelfer, Schöffin/Schöffe, Betreuerin/Betreuer.
Dagegen sind wichtige Aspekte des freiwilligen Engagements, dass es:
- unentgeltlich (abgesehen von Kostenerstattungen),
- aus freiem Willen,
- mit persönlicher Motivation,
- nicht zwingend in organisierter Form und
- in erster Linie zum Wohle ausgewählter Zielgruppen bzw. der Umwelt und erst in zweiter Linie zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt;
Zudem ist es
- flexibel und
- jederzeit zu beenden.
Beispiele: individuell sehr unterschiedlich.
(Unterstützung für Eltern schwer kranker Kinder, Hilfestellung für Seniorinnen und Senioren beim Umgang mit dem Computer, Mitwirkung beim Aufbau einer mehrsprachigen Bibliothek, Durchführung von handwerklichen Angeboten für Jugendliche, (Vor-)Lesen mit Kindern, Aufbau eines digitalen Archivs, Begleitung bei Ausflügen, Gartenarbeit ...).
Der Begriff Bürgerschaftliches Engagement wiederum umfasst letztlich alle Arten von persönlichem Engagement zum Wohle Anderer oder der Umwelt und ist daher eine Art Sammelbegriff für die folgenden Beschreibungen: Ehrenamt, freiwilliges Engagement, Freiwilligenarbeit, zivilgesellschaftliches Engagement, Unternehmensengagement.
Den folgenden Ausführungen und der Arbeit des Bereichs liegt grundsätzlich der Begriff des „Bürgerschaftlichen Engagements“ zugrunde; die Arbeit der Freiwilligenagentur bezieht sich jedoch ausschließlich auf den Begriff des freiwilligen Engagements.
III. Ausgangslage
„Bürgerschaftliches Engagement kann weder verordnet noch gezielt gesteuert werden, aber es braucht Anerkennung und unterstützende Rahmenbedingungen durch Land und Kommunen. Darin sehen wir eine wichtige Zukunftsaufgabe.“
(Auszug aus der gemeinsamen Erklärung der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, der kommunalen Spitzenverbände NRW sowie der Pilotstandorte des Projekts „Zukunftsfaktor Bürgerengagement“, Dezember 2012, siehe Anlage).
„Eine lebendige Demokratie bedarf einer aktiven Bürgergesellschaft, in der die Menschen auf allen Ebenen von der Kommune bis zur Europäischen Union die politischen Entscheidungsprozesse mitgestalten, an gesellschaftlichen Fragestellungen teilhaben können und durch ihr Engagement die demokratische Gesellschaft stärken.“
(Auszug: Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement)
Im Jahr 2006 hat der Hauptausschuss der Bundesstadt Bonn das Konzept zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements im Sozialbereich beschlossen. Die Entwicklungen in diesem Bereich machen die Fortschreibung des Konzeptes notwendig:
Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) - dem Freiwilligensurvey 2009, der alle fünf Jahre erstellt wird - sind 71 Prozent der über 14-jährigen Deutschen Mitglied in Gruppen, Vereinen, bei freien Trägern und öffentlichen Einrichtungen, 36 Prozent davon haben zudem längerfristig ehrenamtlich und freiwillig Aufgaben beziehungsweise Funktionen übernommen (laut einer Repräsentativbefragung in Deutschland sind ebenso annähernd zwei Drittel der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund Mitglieder in Vereinen, Verbänden, Gruppen oder Initiativen, demgegenüber stehen beispielsweise nur etwa zehn Prozent der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund, die sich ehrenamtlich/freiwillig engagieren).
Weitere 37 Prozent haben angegeben, sich ehrenamtlich engagieren zu wollen („externes Potential“). Diese Quote ist im Vergleich zum vorangegangenen Freiwilligensurvey aus dem Jahr 2004 um 5 Prozentpunkte angestiegen! Bezogen auf die Gruppe der Jugendlichen liegt diese Quote sogar bei 48 Prozent bei den „Teenagern“ (13 bis 19-jährige) und 50 Prozent bei den „Twens“ (20 bis 29-jährige).
Zu den wichtigsten Gründen für das vielfältige Engagement der Bürgerinnen und Bürger gehören das Bedürfnis, die Gesellschaft (wenigstens im Kleinen) mitgestalten zu können und die Suche nach Gemeinschaft mit anderen. Für Menschen mit Migrationshintergrund bietet freiwilliges Engagement gleichzeitig oftmals eine Gelegenheit, die Wege in die Gesellschaft eröffnet und Teilhabe ermöglicht.
Die Freude an einer Tätigkeit, bei der man mit Menschen in Kontakt kommt, steht im Vordergrund der im Freiwilligensurvey abgefragten Erwartungen an die freiwillige Tätigkeit. Die Erwartungen an ein freiwilliges Engagement sind in den letzten zehn Jahren konkreter geworden. So steht beispielsweise bei jungen Menschen der Qualifikationserwerb, bei älteren der (intergenerationale) Austausch und Kontakt im Vordergrund. Wichtige Antriebe im freiwilligen Engagement sind überdies die wirkungsmächtige Teilhabe/Einflussnahme und die Einbindung in eine Gemeinschaft sowie die Ausdehnung des eigenen Kontaktnetzwerkes. Zudem haben in den letzten Jahren auch Eigeninteressenorientierung sowie Nützlichkeitserwägungen (beispielsweise für den eigenen beruflichen Werdegang) an Bedeutung gewonnen.
Die bereits freiwillig Engagierten sehen laut dem Survey aus dem Jahr 2009 den größten Verbesserungsbedarf in der Information der Bürgerinnen und Bürger (unabhängig von deren Herkunft) über die Möglichkeiten freiwilligen Engagements. Sprachbarrieren sollten abgebaut und die Öffentlichkeitsarbeit zielgenauer ausgerichtet werden. So genannte „geschlossene Gesellschaften“ sind zu vermeiden; vielmehr geht es um eine persönliche Ansprache, eine grundsätzliche (interkulturelle) Öffnung sowie eine sinnvolle Vernetzung.
Es gilt also, den Bereich des bürgerschaftlichen Engagements dahingehend zu fördern, dass man einerseits für die bereits ehrenamtlich bzw. freiwillig engagierten Menschen die Rahmenbedingungen verbessert. Andererseits muss allen an einem freiwilligen Engagement interessierten Menschen die Möglichkeit eröffnet werden, sich auch tatsächlich einbringen zu können. Bezogen auf die hohe Zahl der an Engagement interessierten jüngeren Menschen sollte diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit zukommen.
Die Möglichkeiten freiwilligen Engagements sind auf allen Ebenen nahezu grenzenlos. Ziel muss es sein, diese Möglichkeiten zu vermitteln und auszuschöpfen. Diese Bewusstseinsbildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deren nachhaltige Bewältigung Zeit in Anspruch nimmt und gemeinsame, ideologiefreie Anstrengungen aller Kräfte erfordert.
Vor diesem Hintergrund wurde im November 2007 die Freiwilligenagentur Bonn ins Leben gerufen. Dies geschah modellhaft zunächst für den Sozialbereich - und kann jetzt anhand der geschaffenen Strukturen für alle Bereiche des Bürgerschaftlichen Engagements genutzt werden.
Grundlage für die Förderung Bürgerschaftlichen Engagements müssen die folgenden Punkte sein:
- Bürgerschaftliches Engagement ist freiwillig, unentgeltlich und zum Wohle anderer. Es kann sich nur in einem stabilen Rahmen sozialer Grundversorgungsangebote entfalten. Es kann nicht „verordnet“ werden, sondern muss sich entwickeln. Entgegen der bisher oftmals vertretenden Auffassung, dass Kontinuität gewährleistet sein muss, gewinnen auch spontane und kurzfristig angelegte Projekte immer mehr Bedeutung in diesem Bereich.
- Bürgerschaftliches Engagement muss in die vorhandene Trägerlandschaft eingebunden und muss koordiniert werden – es kann die vorhandene Infrastruktur und professionelle Arbeit nicht ersetzen, sondern ergänzt und unterstützt sie. Bürgerschaftliches Engagement sollte immer als Ergänzung zu den bestehenden (kommunalen) Strukturen, die eine Grundversorgung sicherstellen und den stabilen Rahmen für Engagement darstellen, gesehen werden und nicht als Kompensation für ansonsten wegfallende kommunale Aufgaben.
- Bürgerschaftliches Engagement ist ein unverzichtbarer gesellschaftlicher Beitrag für Mitmenschen und Umwelt.
- Bürgerschaftliches Engagement und Inklusion sind in einem engen Zusammenhang zu sehen. Allen Menschen muss die Gelegenheit gegeben werden, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Interessen einbringen, beteiligen und engagieren zu können.
- Bürgerinnen und Bürger sind als gleichberechtigte Partnerinnen bzw. Partner anzuerkennen. Impulse und Ideen, die Bürgerinnen und Bürger aus eigener Initiative umsetzen, werden nach Möglichkeit unterstützt und gefördert. Bürgerbeteiligung und Bürgerschaftliches Engagement sind dabei als „zwei Seiten einer Medaille“ zu sehen!
IV. Ziel des Konzeptes
Ziel ist der Aufbau und Ausbau einer Zentrale zur Förderung und Anerkennung bürgerschaftlichen und unternehmerischen Engagements im Bereich der Bundesstadt Bonn. Dies soll mit Hilfe der Bearbeitung und Weiterentwicklung der unten genannten Schwerpunkte erreicht werden.
Um dem Stellenwert des Themas als Querschnittsaufgabe in der Gesamtverwaltung Rechnung zu tragen, wurde durch den Verwaltungsvorstand eine zentrale und ämterübergreifende Anlaufstelle für alle Fragen zum Thema Bürgerschaftliches Engagement benannt: zuständig ist das Sachgebiet 50-112 im Amt für Soziales und Wohnen (siehe Verzeichnis der Kontakte Punkt VII.).
Dort werden unter anderem folgende Aufgaben wahrgenommen: Informationen austauschen, Begriffe klären, Bewusstsein schaffen, Kooperationsmöglichkeiten ausloten, Arbeiten/Veranstaltungen bündeln, Unterstützung bieten. Außerdem soll sich die Stadtverwaltung selbst als engagiertes Unternehmen profilieren.
Dadurch sollen guten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die das Engagement von jeder und jedem – immer in Abstimmung mit allen Betroffenen und zu Beteiligenden - in unserer Stadt ermöglichen.
V. Schwerpunkte
1. Freiwilligenagentur Bonn
Zentrale Säule der Förderung des bürgerschaftlichen Engagement ist das Angebot einer dienstleistungsorientierten und bürgernahen Freiwilligenagentur“, die eine Kontaktstelle für engagierte Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und Organisationen auf der anderen Seite ist. Die Arbeit dieser Agentur wird durch eine leistungsfähige Plattform innerhalb des gesamtstädtischen Internetangebots unterstützt und kann weiterhin nur erfolgreich sein, wenn sie auf klaren und nachvollziehbaren Qualitätsstandards basiert und sich in die vorhandene kommunale Infrastruktur einfügt, also Netzwerke schafft. Der Zusammenarbeit mit den Trägern in Bonn kommt daher hohe Bedeutung zu.
Darüber hinaus ist es - auch nach den Erfahrungen anderer Städte in NRW und bundesweit - sehr wichtig, eine zentral gelegene serviceorientierte Anlaufstelle vorzuhalten, in der persönliche Information, Beratung und auch Vermittlung stattfinden kann. Mittelfristig muss daher an eine Verlegung der Räumlichkeiten der Freiwilligenagentur an eine geeignete Stelle in der Innenstadt gedacht werden. Dadurch wird die Freiwilligenagentur eine erheblich größere Wahrnehmung erfahren.
Aufgaben:
- Kontaktstelle zur qualifizierten Beratung von Trägern und von an freiwilligem Engagement Interessierten,
- Hilfe bei Suche nach Möglichkeiten freiwilligen Engagements (Katalog der Tätigkeiten, aktuelle Informationen, neue Angebote ...),
- (Weiter-) Entwicklung von Qualitätsstandards für die Vermittlung von engagierten Menschen in geeignete Tätigkeiten einschließlich der Umsetzung in die Praxis und anschließender Erfolgskontrolle.
Diese Punkte werden durch langjährig erfahrene und besonders geschulte Mitarbeiterinnen, ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft, Flexibilität und Bürgernähe sowie einer internetgestützten und benutzerfreundlichen Datenbank gewährleistet. Erfahrungen aus anderen Kommunen belegen, dass die Motivation zum Ergreifen eines Engagements durch zielgruppenorientierte Ansprache verstärkt wird.
Bei dem Ziel einer inklusiven Gesellschaft ist hier daher zunächst das Engagement von Menschen mit Behinderungen in den Fokus zu rücken: „Gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bedeutet nicht zuletzt auch seinen Teil zu leisten – jeder nach seiner Kraft“ (BBE-Newsletter 2/2013, Gabriele May und Manuela Scharf). Menschen mit Behinderung sollen und dürfen nicht nur Empfänger bürgerschaftlichen Engagements sein, sondern auch aktiver Teil desselben. Hier gilt es zunächst in Zusammenarbeit mit den bekannten Trägern in diesem Bereich, interessierte Menschen, zugleich aber auch Einsatzmöglichkeiten für sie zu finden.
Vor dem Hintergrund der hohen Zahl der „engagementwilligen“ Jugendlichen und Twens von knapp 50 Prozent ist auch dieser Zielgruppe ein hoher Stellenwert beizumessen. Hierbei ist vor allem die Inanspruchnahme neuer Medien zu prüfen (Facebook, Twitter, etc.), da Jugendliche sich davon eher ansprechen lassen als über die „bewährten“ Printmedien (Zeitungen, Flyer oder andere).
2. Öffentlichkeitsarbeit
Für den Bereich der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements sind nach dem erfolgten umfangreichen Aufbau von Öffentlichkeitsarbeit die Beibehaltung der Standards und die stetige Weiterentwicklung notwendig.
Aufgaben:
Öffentlichkeitsarbeit weiterentwickeln und wie bisher leisten durch
- Veröffentlichung von Faltblättern etc.,
- Einsatz von Plakaten, Spanntransparenten, Freistempler,
- Pressearbeit/-meldungen,
- Schalten von Anzeigen (zum Beispiel VHS-Heft, Infoscreen am Hauptbahnhof),
- Organisation von Veranstaltungen,
- Teilnahme an Veranstaltungen (Informationsstände etc.),
- Teilnahme an Werbemaßnahmen Dritter (zum Beispiel SWB-Kampagne „Blaue Couch“),
- Internetauftritte, Verlinkungen von anderen Internetpräsenzen bzw. Einträge in Portalen,
- Werbematerialien (zum Beispiel Schreibblöcke, Luftballons, Stifte) und
- besondere Aktionen (zum Beispiel Weihnachtspost, Engagementkalender).
Die Mitarbeiterinnen der Freiwilligenagentur sind in den vergangenen Jahren regelmäßig mit Informationsständen bei Veranstaltungen präsent gewesen (Markt der Möglichkeiten, Europatag etc.) und werden dies weiterhin beibehalten bzw. ausbauen. Zudem werden Termine für Informationsstände bei größeren Arbeitgebern im Stadtgebiet angeboten, damit sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort vor Ort über das Angebot informieren können. Bisher war der Bereich beispielsweise zu Gast bei der Universität Bonn, den Stadtwerken Bonn, beim Amtsgericht und bei der Deutschen Telekom.
3. Qualitätssicherung, Supervision, Fort- und Weiterbildung
„Bürgerschaftliches Engagement bedarf kontinuierlicher Fort- und Weiterbildung. Fehlende kontinuierliche Aneignung neuer Kenntnisse / Kompetenzen kann mittelfristig zur Aufgabe ehrenamtlichen Engagements führen. Fort- und Weiterbildung muss aber in offenen Räumen stattfinden und den gesellschaftlichen Horizont berücksichtigen. Das heißt, eine isolierte Betrachtung ausschließlich auf Verbandsinteressen bezogener Ansätze allein dient nicht der Erweiterung sozialer Kompetenz. Dies setzt Fort- und Weiterbildungskonzepte voraus, die sehr praxisorientiert und vernetzt sind“ (MFJFG NRW).
Aufgaben:
- Hilfe bei der Suche nach möglicherweise bereits bestehenden passenden Qualifizierungsangeboten,
- Unterstützung der Träger bei der Suche nach geeigneten Referenten, bei der Raumsuche und/oder der Organisation von Veranstaltungen sowie die
- Organisation und Durchführung von eigenen Qualifizierungs- und Supervisionsangeboten.
Darüber hinaus sind alle Beteiligten, ob Träger oder Freiwillige, selbst stets auf aktuelle Informationen angewiesen, sei es zu rechtlichen Rahmenbedingungen (zum Beispiel Versicherungsschutz), sei es zu fachlichen Inhalten.
Eine weitere Aufgabe ist daher:
- Die ständige aktuelle Information aller beteiligten Träger und freiwillig Engagierten.
Dies wird über die verschiedenen Inhalte der Internetseiten sowie den Newsletter an die Kooperationspartner sichergestellt. Über ein zentrales Telefon mit Anrufbeantworterfunktion werden darüber hinaus die unterschiedlichsten Anfrage beantwortet.
Eigene Fort- und Weiterbildung zur Qualitätssicherung im Bereich:
Die Bundesstadt Bonn konnte 2011/2012 als eine von zehn ausgewählten Kommunen am Landesprojekt „Zukunftsfaktor Bürgerengagement“ teilnehmen, in dessen Rahmen zwei Mitarbeiterinnen des Bereiches zu „Fachkräften für Bürgerengagement“ ausgebildet wurden.
4. Entwicklung und Pflege einer „Kultur der Anerkennung“
Bürgerschaftliches Engagement muss anerkannt und gewürdigt werden. Es widerspräche aber dem Charakter freiwilligen beziehungsweise ehrenamtlichen Engagements, Anerkennung etwa in Form eines monetären Ausgleichs auszudrücken.
Vielmehr muss eine Anerkennungskultur geschaffen werden, die Vorhandenes bündelt und das Bewusstsein schärft. Anerkennung beinhaltet in diesem Zusammenhang mehr als die - durchaus wichtige - Verleihung von Preisen: sie drückt sich aus durch Wertschätzung und Würdigung, aber auch zum Beispiel durch Weiterbildung oder etwa durch Rahmenbedingungen wie einer guten Arbeitsmöglichkeit. Die Grenzen zwischen Öffentlichkeitsarbeit, Qualifikation und öffentlicher Ehrung sind im Rahmen einer Kultur der Anerkennung also fließend.
Die Bereitschaft, bürgerschaftliches Engagement aufzubringen, soll auch dadurch gewürdigt werden, dass - soweit möglich - die Rahmenbedingungen verbessert und Anreize geschaffen werden. Ein Beispiel ist der vom Land NRW eingeführte Engagementnachweis „Engagiert im Sozialen Ehrenamt“. Er dokumentiert und würdigt freiwilliges soziales Engagement. Mit dem Engagementnachweis „... können sozial engagierte Menschen ihre im Ehrenamt erworbenen Kompetenzen und Fähigkeiten dokumentieren lassen, um sie für die Berufswelt zu nutzen“ (MFJFG NRW).
Der Bereich „Bürgerschaftliches Engagement“ kann diesen Nachweis für alle Freiwilligen, die sich für die Stadtverwaltung engagieren, ausstellen und bewirbt ihn regelmäßig bei den dort bekannten Bonner Organisationen, die mit Freiwilligen arbeiten.
Aufgaben:
Die Bundesstadt Bonn nimmt seit 2009 am Projekt der Ehrenamtskarte NRW teil. Die Ehrenamtskarte kann erhalten, wer sich seit mindestens zwei Jahren mit mindestens fünf Stunden pro Woche (oder 250 Stunden pro Jahr) ohne Aufwandsentschädigung, die über die Erstattung von Sachkosten hinausgeht, engagiert. Neben der Möglichkeit, die Ehrenamtskarte kurzfristig durch die Post übersandt zu bekommen, gibt es regelmäßige Übergaben durch ranghohe Vertreter der Stadt. Dadurch wird der Stellenwert der Karte weiter erhöht. Die Einwerbung weiterer attraktiver Vergünstigungen für die Inhaberinnen und Inhaber der Karte geschieht laufend und ist weiter fort zu setzen.
Es gilt jedoch, auch Anerkennungsformen für die Engagierten zu finden, die nicht die Voraussetzungen für den Erhalt einer Ehrenamtskarte erfüllen, da auch deren Engagement, das sich zum Teil über Jahrzehnte erstreckt, gewürdigt werden muss.
Viele Vereine und Organisationen, die von Freiwilligen unterstützt werden, haben bereits eigene Angebote entwickelt: gemeinsame Ausflüge, „Dankeschön“-Essen, kleine Aufmerksamkeiten oder Vergünstigungen.
Es sind weiterhin alle aufgerufen, die mit Freiwilligen befasst sind, diesen Aspekt (weiter) zu berücksichtigen und zu pflegen. So vielfältig das Engagement, so zahlreich sind die Möglichkeiten, sich dafür erkenntlich zu zeigen.
5. Förderung unternehmerischen bürgerschaftlichen Engagements („corporate citizenship“)
Immer mehr Wirtschafts-Unternehmen schmieden eine Allianz zwischen sich, gemeinnützigen Organisationen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beziehungsweise Bürgerinnen und Bürgern. Unternehmen engagieren sich zum Beispiel, indem sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Engagement vor Ort durch organisatorische und finanzielle Hilfe unterstützen. Langjährige Mitarbeitende werden unterstützt, die zum Beispiel nach ihrem Berufsleben ihre Erfahrungen einbringen wollen – „soziales Kapital“ zum Nutzen aller Beteiligter: Unternehmen, bürgerschaftlich Engagierter, des Gemeinwesens (aus: Stiftung Bürger für Bürger – „corporate citizenship auf dem Vormarsch“).
Eine zentrale Aufgabe der Förderung Bürgerschaftlichen Engagements liegt im Bereich des Unternehmensengagements. Dabei kann natürlich auch eine rein finanzielle Unterstützung („sponsoring“) sozialer und anderer dem Gemeinwohl dienender Projekte eine Rolle spielen. Eine Reduzierung ausschließlich darauf würde aber dem viel weiter gefassten Gedanken von „corporate citizenship“ widersprechen.
Immer wieder wenden sich Unternehmen direkt oder auf Umwegen an das Amt für Soziales und Wohnen, um Engagementmöglichkeiten zu erfahren und mit der Stadt diesbezüglich in einen Austausch zu treten. Die Anfragen reichen beispielsweise von Tagesengagements für Gruppen von Kolleginnen und Kollegen als Alternative zum bisherigen Betriebsausflug oder zur Stärkung des Wir-Gefühls über die Suche nach geeigneten Trägern/Einrichtungen als Empfänger von gesammelten Sach- oder Geldspenden bis hin zur Unterstützung von weltweit stattfindenden Engagementtagen, an denen sich große Bonner Unternehmen beteiligen und hierfür Einsatzfelder vor Ort suchen. Es wurden außerdem Partner für längerfristige und vielfältige Kooperationen nachgefragt.
Eine gemeinsam mit der IHK Bonn/Rhein-Sieg geplante Datenbank mündete in die Umsetzung eines von europäischen Mitteln und Bundesmitteln finanzierten Projekts der IHK mit dem Titel „CSR-Initiative Rheinland – Unternehmen und Organisationen gemeinsam engagiert“. Zielsetzung des Projektes ist es, Unternehmen und Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) im Bereich CSR (unternehmerische soziale Verantwortung) in der Region Bonn/Rhein-Sieg zu schulen und miteinander zu vernetzen, so dass gemeinsame Projekte initiiert werden können. Der Engagementprozess soll sich verstetigen, damit beide Seiten ihr jeweiliges Engagement nachhaltig und selbständig fortführen können. In der das Projekt begleitenden Arbeitsgruppe ist die Sachgruppe 50-112 des Amtes für Soziales und Wohnen vertreten.
Bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des „Marktplatzes: Gute Geschäfte“, eine mittlerweile jährliche Veranstaltung auf Initiative der IHK Bonn/Rhein-Sieg, ist das Amt für Soziales und Wohnen, Sachgruppe 50-112, ebenfalls präsent. Hierbei treffen Unternehmen und Vereine/Organisationen zahlreiche Engagementverabredungen und schließen gezielt Vereinbarungen ab.
Aufgaben:
Da sich das CSR-Projekt an (kleine und mittlere) Unternehmen richtet, die sich „im Ganzen“ mit dem Thema Unternehmensengagement beschäftigen möchten, werden die Anliegen, die an das Amt für Soziales und Wohnen, Sachgruppe 50-112, bisher herangetragen wurden (große Unternehmen beziehungsweise Gruppen von Kolleginnen und Kollegen), nicht davon abgedeckt. Aus diesem Grund werden diese Anfragen nach wie vor vom Amt für Soziales und Wohnen, Sachgruppe 50-112, bearbeitet.
Für diesen Zweck soll die Datenbank der Freiwilligenagentur um das Kriterium „Gruppen“ erweitert werden. Das heißt, dass zukünftig ersichtlich sein soll, welche Tätigkeiten nicht nur für einzelne Freiwillige, sondern auch für (jedwede) Gruppen geeignet sind. Mit diesem zusätzlichen Merkmal könnten sich nicht nur Gruppen von Unternehmensmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, sondern auch andere Gruppen wie zum Beispiel Schülerinnen und Schüler, Familien oder Freundeskreise ein für sie passendes Engagement aussuchen. Gerade für Jugendliche könnte es attraktiv sein, sich zu engagieren, wenn sie dies mit ihren Freundinnen und Freunden tun können.
Die Zusammenarbeit von Stadtverwaltung und IHK ist zwar unter anderem in das CSR-Projekt eingebettet, soll aber grundsätzlich eigenständig und auch nach der Projektphase davon unabhängig weiterlaufen.
Die Förderung des unternehmerischen Engagements setzt jedoch voraus, dass sich auch die Stadtverwaltung selbst hier vorbildlich als Unternehmen positioniert und unternehmerisches Engagement öffentlichkeitswirksam zeigt. Hier kommen – in Absprache und Zusammenarbeit mit dem Personalamt und den entsprechenden Fachdienststellen sowie unter Berücksichtigung von bereits bestehenden guten Beispielen in anderen Kommunen – verschiedene Maßnahmen/Projekte in Betracht:
- Information über die Möglichkeiten des bürgerschaftlichen Engagements,
- Interesse wecken, Bewusstsein schaffen, Austausch und Vernetzung fördern,
- Einbeziehung des Themas „Bürgerschaftliches Engagement“ auf verschiedenen Ebenen: beispielsweise als Bestandteil der Lehrpläne des Studieninstituts und/oder innerhalb der praktischen Ausbildungsabschnitte,
- bereits bestehendes bürgerschaftlichen Engagement städtischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahrnehmen und nach Möglichkeit unterstützen
- neues Engagement ermöglichen
6. Projektarbeit, Projektförderung
Bürgerschaftliches Engagement lebt auch von der Kreativität und dem Ideenreichtum engagierter Menschen und Institutionen.
Aufgaben:
- die Förderung beispielhafter Ideen und Projekte durch Schaffung von Rahmenbedingungen (zum Beispiel die Vermittlung von Freiwilligen), durch Beratung, durch Öffentlichkeitsarbeit oder im Einzelfall auch durch finanzielle Unterstützung,
- die Durchführung eigener Projekte (Erfahrungen anderer Freiwilligenagenturen zeigen, dass die Ansprache bestimmter Zielgruppen erfolgreich über die Durchführung zielgerichteter Projekte funktioniert).
VI. Schlusswort
Bereits seit einiger Zeit ist eine Entwicklung festzustellen: auf der einen Seite möchten sich Menschen mit der ihnen jeweils eigenen Einzigartigkeit und Motivation in zunehmenden Maße einbringen, beteiligen und engagieren; bestehende Strukturen müssen daher teilweise geändert beziehungsweise angepasst werden, zuweilen muss überhaupt erst die Grundlage für ein derartiges Tätigwerden geschaffen werden. Andererseits sind zahlreiche Bereiche immer mehr auf das Engagement von Freiwilligen angewiesen, „leben“ zum Teil ausschließlich davon.
Es ist richtig und wichtig, dass sich Menschen einer Stadt auf ihre Wünsche, Vorstellungen und Visionen besinnen und dass entsprechend Wege und Möglichkeiten gefunden werden, diese - gemeinsam mit anderen – umzusetzen und zu verfolgen.
Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement sind ein wesentliches Merkmal einer lebendigen und sich stetig weiterentwickelnden Stadt hin zu einem Ort, an dem sich alle auf ihre Weise wohlfühlen.
Daher ist es mehr als lohnenswert, diesen Bereich strukturiert zu unterstützen. Die Aufgaben, Herausforderungen und Weiterentwicklungen im Bereich Bürgerengagement werden zukünftig zunehmen und deren Bewältigung wird nur mit den entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen möglich sein.
VII. Verzeichnis der Kontakte
Bundesstadt Bonn
Amt für Soziales und Wohnen (Amt 50-11)
Bürgerschaftliches Engagement in Bonn
Rathaus Beuel
Friedrich-Breuer-Straße 65
53225 Bonn
Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg
Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen
Bonner Talweg 17
53113 Bonn
Herr Michael Pieck, Telefon 0228 - 2284-130
pieckbonn.ihkde
Staatskanzlei des Landes NRW
Bürgerschaftliches Engagement
40219 Düsseldorf
Frau Karina Conconi, Telefon 0211 - 837 2392
karina.conconistk.nrwde